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Die CDU/CSU und ihre vermeintliche Wirtschaftskompetenz

Die CDU/CSU und ihre vermeintliche Wirtschaftskompetenz

Ich rege mich regelmäßig über unsere schwarzen Freunde mit dem inzwischen braunen Anstrich auf. Wieder derselbe Sound: „Die Deutschen arbeiten zu wenig“, „Arbeitszeit rauf“, „Acht‑Stunden‑Tag weg“. Christliche Werte? Fehlanzeige. Statt die wirklich Schädlichen anzugehen – die Steuerflüchtlinge aus dem oberen Zehntel – geht’s auf die Schwächsten. Zahlenverständnis nahe Null: Die OECD‑Kennzahl „Arbeitsstunden pro Kopf“ wird zum Knüppel. Talkshows und Boulevard liefern die Begleitmusik. Kontext wird weggelassen, Absicht inklusive. „Stunden je Kopf“ sind kein Fleißmeter, sondern ein Mischwert aus Voll‑ und Teilzeit, Urlaub, Krankheit und Feiertagen. Die hohe Teilzeitquote, die Care‑Last und die Unterbewertung sozialer Berufe verschwinden aus dem Bild, damit das Framing hält. Produktivität pro Stunde? Egal, passt nicht zur Story. Genau deshalb sortieren wir das jetzt sauber.

1.341 Arbeitsstunden: Was die Zahl wirklich bedeutet

Die gern zitierte Zahl sind durchschnittlich geleistete Stunden je Erwerbstätigen und Jahr. Sie umfasst Voll‑ und Teilzeit, inklusive Selbständige. Urlaube, Feiertage, Krankheit und Teilzeit drücken den Schnitt. Das ist kein Fleiß‑Meter für einzelne Vollzeitkräfte. Die OECD definiert das so; für Deutschland weist sie 2021 = 1.341 Stunden aus. 1

Deutschland wirkt im Ländervergleich „niedrig“, weil die Struktur anders ist: hoher Teilzeitanteil, viele freie Tage, starke Tarifbindung. Der zentrale Hebel ist Teilzeit, nicht „Faulheit“: 2024 arbeiteten 49 % der Frauen und 12 % der Männer in Teilzeit. Das drückt die Stunden je Kopf, ohne etwas über die Leistung von Vollzeitkräften auszusagen.

Und woher kommt die hohe Teilzeit und Flex‑Logik? Aus den Arbeitsmarktreformen der 2000er. Mit den Hartz‑Paketen wurden Zeitarbeit/Arbeitnehmerüberlassung dereguliert; die Branche expandierte kräftig. Offizielle Reihen zeigen nach 2003 einen starken Anstieg der Leiharbeit, den Behörden explizit mit den rechtlichen Änderungen verknüpfen. Großbetriebe lagern seitdem öfter Beschäftigung über Personaldienstleister aus. 2 3

Vollzeit arbeitet normal. Der Hebel ist Teilzeit.

Vollzeitbeschäftigte in Deutschland arbeiten ~40,2 Std./Woche (2024). Über alle Erwerbstätigen liegt die übliche Wochenarbeitszeit bei 34,3 Std., Teilzeit bei 20,9 Std. Also sauber trennen: Vollzeit ≠ Teilzeit‑Mittelwert. Auch im EU‑Vergleich kein Ausreißer: DE 40,2 vs. EU 40,3 Std. 4 5

Teilzeitquote: 2023 31 % gesamt, Frauen 50 %, Männer 13 %. 2024: Frauen 49 %, Männer 12 %. Hauptgrund bei Frauen: Kinderbetreuung (~27 % der Teilzeitbeschäftigten Frauen nennen das als Grund; Männer ~6 %). Diese Struktur drückt die Jahresstunden je Kopf. Logik, nicht „Faulheit“. 6 7 8

Care‑Arbeit trägt den Laden – bezahlt wird sie kaum

Der „Faul“-Spin blendet aus, wer die unbezahlte Arbeit schultert und warum viele in Teilzeit sind.

  • Unbezahlte Arbeit 2022: Frauen leisten ~9 Std./Woche mehr als Männer. Gender‑Care‑Gap: 44,3 %. 9
  • WSI 2024: Erwerbstätige Frauen summieren bezahlte + unbezahlte Arbeit im Schnitt auf ~54 Std./Woche und liegen damit ~1 Std. über Männern; Treiber ist Sorgearbeit. 10
  • Lohnseite: Unbereinigter Gender‑Pay‑Gap 2023: 18 %, 2024: 16 %. Strukturelle Ursachen: Berufswahlmuster, Aufstiegspositionen, Unterbewertung frauendominierter Tätigkeiten. OECD und Böckler‑Forschung benennen das klar. 11 12 13

Konsequenz: Die OECD‑Kennzahl „Stunden je Kopf“ misst Struktur (Voll‑/Teilzeit‑Mix, Abwesenheiten, Selbstständige) und keinen Fleiß. Wer Care‑Arbeit ignoriert, zeigt wirtschaftliche Ahnungslosigkeit und bedient Ideologie. 14

Qualität schlägt Quantität: Produktivität/Stunde zählt

Wohlstand kommt aus Output pro Stunde. Darum ist BIP je Arbeitsstunde die relevante Kennzahl. Hier liegt Deutschland traditionell gut, auch wenn es Zyklen und Dellen gibt. Politik, die nur Stunden addiert, verwechselt Input mit Ergebnis. 15

Status quo Recht: § 3 ArbZG = 8 Stunden/Tag, ausdehnbar bis 10 Stunden, wenn im 6‑Monats‑/24‑Wochen‑Durchschnitt 8 Stunden eingehalten werden. Alles andere ist Folklore, aber damit kennen sich unsere Freunde der christlichen Parteien der Nächstenliebe ja aus. 16

Was ich mit „Folklore“ meine

Das Mantra „8 Stunden, Punkt“ ist falsch. § 3 ArbZG erlaubt bis 10 Std./Tag, wenn im 6‑Monats‑/24‑Wochen‑Schnitt wieder 8 Std. erreicht werden. Parallel gilt die EU‑Richtlinie: 48 Std./Woche im Durchschnitt. Spielräume existieren längst. 17 18

Seit dem 13.09.2022 gilt nach BAG: Arbeitszeiterfassung ist Pflicht (aus § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG). Vertrauensarbeitszeit bleibt möglich, nur mit Erfassung. Das bestätigt das BMAS. 19 20

Urlaub/Feiertage sind eingepreist: Mindestens 4 Wochen gesetzlicher Mindesturlaub (24 Werktage in 6‑Tage‑Logik = 20 Arbeitstage bei 5 Tagen). Wer das als „Faulheit“ framet, versteht Arbeitsschutz nicht. 21

„Mindestlohnland“? Fakten statt Bauchgefühl

Deutschland hat seit 2015 einen gesetzlichen Mindestlohn. Seit 01.01.2025: 12,82 €. Die Mindestlohnkommission hat für 2026/2027 weitere Anhebungen empfohlen (13,90 € / 14,60 €), Umsetzung per Verordnung steht aus. Das erklärt nicht die Jahresstunden, ist aber relevanter Kontext. 22 23 24

„Nach zwei Jahren fliegt man raus“ – das ist Befristungsrecht, nicht Kündigungsschutz

Sachgrundlose Befristung ist nach TzBfG § 14 Abs. 2 bis zu 2 Jahre zulässig, max. drei Verlängerungen innerhalb dieser Spanne. Viele Verträge laufen aus – weil sie befristet sind, nicht weil plötzlich „Kündigungsschutz greift“. 25

Managergehälter: bitte mit Ratio statt Mythen

USA: CEO‑zu‑typischem Beschäftigten 2023: 290:1 (bereinigt). Je nach Methode liegen andere Studien niedriger. Punkt ist die Größenordnung. 26 27

Deutschland (DAX): durchschnittliche Vorstandsvergütung 2022 ~3,3 Mio. €, Pay‑Ratio ~38:1; 2023 lagen Vorstandsvergütungen im Mittel bei ~3,6 Mio. €. Bandbreiten je Unternehmen groß. US‑Extremwerte sind kein deutscher Normalfall. 28 29

Was die Union wirklich will: „Flex“ beim Arbeitszeitrecht

Die CDU/CSU drängt auf Wochenlogik statt Tageslogik. Konkret im Antrag 20/10387 „Arbeitszeit flexibilisieren – Mehr Freiheit für Beschäftigte und Familien“: weg von starren Tagesgrenzen, hin zu einer wöchentlichen Betrachtung im Einklang mit der EU‑Arbeitszeitrichtlinie. Öffentliche Anhörung im Ausschuss am 22.04.2024, anschließend Ablehnung im Ausschuss, und im Plenum am 06.06.2024 endgültig abgelehnt. 30 31 32 33

Meine Deutung bleibt: Lobbygetriebene Interessen statt „Wunsch der Bevölkerung“. Wer mehr arbeiten will, kann das heute schon tun – im Rahmen des geltenden Rechts. Wichtig: Arbeitszeiten aus mehreren Jobs werden zusammengerechnet, die 48‑Stunden‑Grenze im Durchschnitt und die 11‑Stunden‑Ruhezeit gelten trotzdem. § 3 ArbZG erlaubt 8 Std./Tag und bis 10 Std. mit Ausgleich; die Wochenbetrachtung ergibt sich aus ArbZG‑Systematik und EU‑Vorgaben. Selbständigkeit bleibt natürlich außen vor. 34

Steuergerechtigkeit: Warum sich „mehr arbeiten“ oft wenig lohnt

  • Arbeitslohn ist hoch belastet. Steuer‑ und Abgabenkeil für den durchschnittlichen Alleinstehenden in DE 2024: 47,9 % (OECD‑Methode, inkl. AG‑Beiträge). OECD‑Schnitt: 34,9 %. 35
  • Spitzensteuersatz 2025: 42 % ab ca. 68.480 € zvE. Reichensteuersatz: 45 %. Grundfreibetrag 12.096 €. 36 37
  • Kapitalerträge: pauschal 25 % Abgeltungsteuer zzgl. Zuschläge. Effektiv häufig deutlich unter Lohnspitzenbelastung. 38 39
  • Vermögensteuer: seit 1997 nicht erhoben. Diskussion läuft, Rechtsgutachten bestätigen prinzipielle Wiedereinführbarkeit. 40 41
  • Transfers/„Hinzuverdienst“: Beim Bürgergeld bleiben 30 % von 520–1.000 € anrechnungsfrei, darüber 10 % bis 1.200/1.500 €. Kombiniert mit Steuern/Abgaben entstehen hohe Grenzbelastungen, die Mehrarbeit unattraktiv machen können. 42 43
  • Minijob‑Schwelle dynamisch: 556 €/Monat ab 01.01.2025 (wegen Mindestlohn 12,82 €). 44 45

Quintessenz: Die Union verkauft „Flex“ als Freiheitsgewinn. Fakt ist: Flex gibt es schon im Recht. Das echte Problem sind Grenzbelastungen. Arbeitseinkommen wird hoch belastet, Kapitalerträge günstiger, Vermögen kaum. Wer wirklich mehr Erwerbsarbeit will, senkt die effektive Grenzabgabe und stabilisiert Betreuung/Care, statt Schutzstandards zu schleifen. Heute geht es primär darum, Vermögenserträge zu mehren, nicht reale Arbeit. Nur: Wohlstand entsteht durch Produktivität, nicht durchs Verwalten bestehender Vermögen. 46

EU‑Vergleich: Vollzeit in DE ist Standard

EU‑weit Vollzeit 2024: 40,3 Std./Woche. Deutschland: 40,2 Std. Kein Ausreißer. Erzählungen über „arbeitsscheue Deutsche“ kollidieren hier mit den eigenen Lieblingszahlen. 47

Quellen

  1. OECD Economic Surveys GERMANY ↩︎
  2. Bundesagentur für Arbeit – Entwicklungen in der Zeitarbeit ↩︎
  3. WSI – Leiharbeit 1991-2022 ↩︎
  4. Statistisches Bundesamt – Wöchentliche Arbeitszeit ↩︎
  5. Statistisches Bundesamt – Leicht unter EU-Schnitt: 40,2 Wochenstunden haben in Vollzeit Erwerbstätige hierzulande 2024 gearbeitet ↩︎
  6. Statistisches Bundesamt – Teilzeitquote erneut leicht gestiegen auf 31 % im Jahr 2023 ↩︎
  7. Statistisches Bundesamt – Fast jede zweite erwerbstätige Frau arbeitet in Teilzeit ↩︎
  8. Statistisches Bundesamt – Teilzeitquote erneut leicht gestiegen auf 31 % im Jahr 2023 ↩︎
  9. Statistisches Bundesamt – KORREKTUR: Gender Care Gap 2022: Frauen leisten 44,3 % (alt: 43,8 %) mehr unbezahlte Arbeit als Männer ↩︎
  10. WSI – Erwerbstätige Frauen leisten im Mittel acht Stunden mehr unbezahlte Arbeit pro Woche als Männer ↩︎
  11. Statistisches Bundesamt – Gender Pay Gap ↩︎
  12. OECD – Joining Forces for Gender Equality ↩︎
  13. Hans-Böckler-Stiftung – Weiter Weg zur Entgeltgleichheit: Aktueller Überblick leuchtet Gründe für und Strategien gegen die geschlechtsspezifische Entgeltlücke aus ↩︎
  14. OECD – Hours worked ↩︎
  15. OECD – GDP per hour worked ↩︎
  16. Arbeitszeitgesetz (ArbZG) § 3 Arbeitszeit der Arbeitnehmer ↩︎
  17. Arbeitszeitgesetz (ArbZG) ↩︎
  18. Employment, Social Affairs and Inclusion ↩︎
  19. Das Bundesarbeitsgericht ↩︎
  20. BMAS – Fragen und Antworten zur Arbeitszeiterfassung ↩︎
  21. Mindesturlaubsgesetz für Arbeitnehmer (Bundesurlaubsgesetz) § 3 Dauer des Urlaubs ↩︎
  22. BMAS – Allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn ↩︎
  23. Mindestlohn-Kommission – Höhe und Anpassung des Mindestlohns ↩︎
  24. Bundesregierung – Der gesetzliche Mindestlohn im Überblick ↩︎
  25. Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (Teilzeit- und Befristungsgesetz – TzBfG) § 14 Zulässigkeit der Befristung ↩︎
  26. Economic Policy Institute – CEO pay declined in 2023 ↩︎
  27. Economic Policy Institute – CEO pay declined in 2023, but they still made 290 times as much as the typical worker ↩︎
  28. Welt – Gehälter der Dax-Vorstände um acht Prozent gesunken ↩︎
  29. DSW Info – DSW-Vorstandsvergütungsstudie 2024 ↩︎
  30. Bundestag Dserver – Drucksache 20/10387 ↩︎
  31. Deutscher Bundestag – Expertenstreit über Flexibilisierung von Arbeitszeit ↩︎
  32. Deutscher Bundestag – Union scheitert mit Antrag für wöchentliche Höchstarbeitszeit ↩︎
  33. Deutscher Bundestag – Unionsantrag für flexiblere Arbeitszeit findet keine Mehrheit ↩︎
  34. Deutscher Bundestag – Fragen zum Arbeitszeitgesetz unter Beachtung europäischer Vorgaben ↩︎
  35. OECD – Taxing Wages 2025: Germany ↩︎
  36. Wikipedia – Einkommensteuer (Deutschland) ↩︎
  37. Bundesministerium der Finanzen – Die wichtigsten steuerlichen Änderungen 2025 ↩︎
  38. Bundesministerium der Finanzen – Einzelfragen zur Abgeltungsteuer ↩︎
  39. Sparkasse – Abgeltungssteuer: Was steckt hinter der Abgabe auf Zinsen und Kursgewinne? ↩︎
  40. Bundesministerium der Finanzen – Besteuerung von Vermögen ↩︎
  41. Wikipedia – Vermögensteuer (Deutschland) ↩︎
  42. Bundesregierung.de – Bessere Chancen auf Qualifikation und Arbeit ↩︎
  43. Bundesagentur für Arbeit – Zweites Buch Sozialgesetzbuch – SGB II – Fachliche Weisungen §§ 11 – 11b SGB II Zu berücksichtigendes Einkommen ↩︎
  44. Minijob-Zentrale – Die Entwicklung des Mindestlohns ↩︎
  45. Haufe.de News und Fachwissen – Neue Grenzen bei Minijobs und Midijobs zum 1. Januar 2025 ↩︎
  46. Europäische Kommission – Arbeitszeitrichtlinie ↩︎
  47. Statistisches Bundesamt – Wochenarbeitszeiten im EU-Vergleich 2024 ↩︎

Anmerkung: Diesen Beitrag habe ich mit Hilfe künstlicher Intelligenz recherchiert. Ich hoffe mir sind keine Fehler unterlaufen.

Daniel Jörg Schuppelius

Selbstständiger IT-Dienstleister und Assistent für Elektronik und Datentechnik, Ich bin sozusagen Mädchen für alles was die Informationstechnik angeht. Kümmere mich gerne um Probleme, an denen andere Dienstleister scheitern und bin ständig auf der Suche nach einer neuen Herausforderung. Entwickle gerne Programme und Skripte und kümmere mich um diverse Blogs und Seiten. Auch sonst probiere ich mich an neuen Techniken aus, um mich noch unabhängiger von anderen Personen zu machen. Wenn du willst, dass irgendetwas funktioniert, dann kümmere dich immer selbst darum.

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