Brandenburg Tour – 2018 (Mit Kind und Kegel durch Brandenburg – Unsere Familienradtour)
Letztes Jahr hatte ich ja bereits die Tour Brandenburg alleine begonnen – hauptsächlich, um herauszufinden, wie familientauglich diese Route eigentlich ist. 2017 endete meine Solotour hinter Cottbus, in Neuhausen. Dieses Jahr sollte dann der große Praxistest mit Anhang folgen. Schon bei kleineren Tagestouren war klar: Bahnfahren mit Kindern ist nicht unbedingt eine Wohlfühlerfahrung – weder für sie noch für die Mitreisenden. Die Ein- und Ausstiegsaktionen sorgten regelmäßig für Unruhe. Für mich war es also wichtig, ruhige Bahnstrecken zu wählen und die Logistik möglichst einfach zu halten. Meine Kiddies waren währenddessen eher mit der Frage beschäftigt, ob wir überhaupt alle in den Zug passen würden. Für mich war es da schon relevanter, wie lange die Stimmung halten würde – gerade wenn das Wetter mal wieder umschlägt.
Eines vorab: Packen mit der ganzen Familie
Wie immer, wenn man mit Kind und Kegel unterwegs ist: Man nimmt zu viel mit. Auch wenn man sich vornimmt, es diesmal entspannter anzugehen. Jeder hat halt andere Vorstellungen von „unverzichtbar“ – und da ich eher ein Freund von Lernen durch Schmerz bin, habe ich jeden einfach machen lassen.
Meine Frau bremste irgendwann etwas ein – vermutlich, weil sie die aufziehende Heulerei der Kinder nicht ertragen wollte. Mir war vor allem wichtig, dass jeder sein eigenes Zeug selbst tragen konnte. Für meine Kleine, die nur ein 26″-Rad hatte, übernahm ich den Part des Packesels – fairerweise.
Und dann war da natürlich noch der Wunsch meiner Frau nach einem schnell aufzubauenden Zelt, das „nicht so fummelig ist wie deins“. Ihre Wahl fiel auf das Quechua 2 Seconds 3. Ich komme mit diesen „Pop-up-Wurfzelten“ zwar nicht klar – aber sie wollte mehr Raum, also bitteschön. Ich blieb bei meinem altbewährten Quickhiker Ultralight.
Tag 1 – Bahnfahren mit Hindernissen & erste Zeltromantik
Gleich zu Beginn wartete das erste Abenteuer: die Bahnreise. Wer denkt, ein Fahrrad sei schon sperrig, hat noch nie versucht, mit einem beladenen Anhänger in einen Regionalzug zu steigen. Anhänger abkuppeln, Rad reinschieben, dann den Anhänger hinterher – alles unter den wachsamen Augen anderer Passagiere. Die Kinder waren nervös: „Papa, was ist, wenn der Zug ohne uns abfährt?“ – Natürlich tat er das nicht, aber der Respekt vor dem Unbekannten war spürbar.
Wissenswert: Der Anhänger benötigt ein eigenes Fahrradticket. Ein Detail, das gerne vergessen wird.
Nach dem Umstieg in Cottbus – wieder Treppen, wieder schleppen – ging es weiter zur Kutzeburger Mühle. Die erste Pause, das erste warme Essen, das erste Lächeln. Es regnete, wie so oft am Anfang meines Urlaubs, aber das schien mittlerweile Tradition zu sein.
Am Abend dann Ankunft am SpreeCamp Spremberg, direkt am Stausee. Während wir unsere Zelte aufbauten – mein Quickhiker wie immer effizient, das neue Pop-up-Zelt meiner Frau sogar noch schneller – zog der Regen ab. Die Kinder beschlossen, bei Mama zu schlafen. Ich hatte mein kleines Zelt für mich allein. Als die Sonne unterging und die Wälder auf der anderen Seeseite in Dunst gehüllt waren, standen wir am Ufer und schauten einfach nur still in die Ferne. Ein Moment zum Festhalten. Die Kinder spielten noch etwas und wir genossen die Natur.
Tag 2 – Zeltkrisen und Naturpausen
Der Morgen begann vielversprechend: Frühstück auf rustikalen Holzbänken, frischer Kaffee, der See spiegelte die Morgensonne. Doch dann kam der Moment, der mich zur Weißglut brachte: Das Zelt meiner Frau.
Ich bekam es nicht verpackt. Nicht ordentlich. Nicht mal ansatzweise. Ich verwandelte mich in ein HB-Männchen, schimpfte, fluchte – während ein Angestellter des Platzes seelenruhig vorbeilief, grinste und wortlos weiter seiner Arbeit nachging. Im Nachhinein lache ich selbst darüber – aber in dem Moment war es Krieg.
Die Etappe selbst war ruhig. Wir hielten oft an, achteten auf die Kinder, ließen die Natur auf uns wirken. Ziel: Geierswalder See. Der Platz war gut ausgestattet, ich konnte Akkus laden, Karten studieren, Pläne schmieden. Die Kinder bekamen Zeit zum Spielen, wir Eltern zum Nachdenken. Abends saßen wir gemütlich zusammen – müde, aber zufrieden.
Tag 3 – Regenflucht und Luxuszuflucht
Es begann mit einem Wolkenbruch, der sich gewaschen hatte. Ich war das gewohnt. Meine Tochter sah jedoch den Weltuntergang nahen. Meine Frau war ebenfalls bedient – klitschnass, genervt, durchgefroren.
Ich wusste: Jetzt braucht es einen Joker. Also schlug ich vor, ins nahegelegene Hotel „Der LeuchTurm Lausitz“ zu flüchten – teuer, ja, aber eine Investition in die Familienharmonie. Dort angekommen, bezog jeder sein eigenes Reich: Die Kinder ein eigenes Zimmer, wir Eltern auch. Warmes Wasser, weiche Betten, trockene Kleidung – die Stimmung stieg.
Doch dann: Lagerkoller bei den Kindern. Gezanke, Gestreite, Gestichel. Beim Abendessen riss mir der Geduldsfaden – draußen nieselte es noch leicht, als ich zum Spaziergang bat. Eine klare Ansage: „Ein bisschen mehr Miteinander wäre schön!“ Danach: Ruhe. Endlich. Wir genossen den Abend im Hotel. Jeder auf seine Weise.
Tag 4 – Stimmungskurve flach, Eis hilft immer
Frisch geduscht, gut gefrühstückt, wieder auf dem Rad – dachte ich. Mein Sohn war in bester Laune, aber meine Tochter und meine Frau ließen durchblicken: Das hier ist nicht ihr Ideal von Urlaub.
Also hielten wir öfter an, gönnten uns Eispausen und machten Pläne. Meine Frau war mittlerweile selbst genervt vom eigenen Zelt – was mich insgeheim erleichterte. Noch auf der Tour bestellte ich mein bewährtes Zeltmodell nach Hause.
In Plessa war dann Schluss – für diese Etappe. Meine Kunden riefen, IT-Infrastruktur forderte meine Aufmerksamkeit. Wir stiegen in den Zug und traten den Heimweg an. Während ich zuhause remote arbeitete, verarbeiteten die anderen ihre Eindrücke, wogen neu ab: Was war gut? Was weniger? Und – wollen wir nochmal los?
Etappe 2 – Havelradweg und Führungswechsel
Ein paar Tage später: neue Energie, neues Zelt, neue Rollenverteilung. Meine Frau plante. Startpunkt: Werder, Ziel: Havelradweg entdecken.
Erstes Ziel: Campingplatz in Ketzin, den wir nach einer Fährüberfahrt erreichten. Die Zelte standen, der Hunger kam. Ich suchte – Google half – und fand das Redo XXL. Gedanklich schon bei Grillplatten-Träumen wurde ich jäh enttäuscht. Das Fleisch: zäh, die Stimmung: verdorben. Ich ließ den Teller halbvoll stehen und hinterließ eine ehrliche Rezension – was später (einige Wochen später) zu Diskussionen mit Google führte… da ich meine Kritik als sachlich und relevant hielt
Letzter Tourtag – Lieblingsort & versöhnliches Ende
Am nächsten Morgen ging’s weiter – über die Fähre und Richtung Götzer Berge. Mein Lieblingsort: das Havelstübchen. Die Betreiberin kennt mich inzwischen und begrüßte uns herzlich. Die Kinder schmausten, ich war glücklich. Zum Aussichtsturm wollte niemand mit – also ging es weiter zum Campingplatz „Camping am See“ bei Brandenburg.
Ankunft: ca. 19 Uhr. Aufbau: effizient. Die Kinder bekamen ihr eigenes Zelt, wir unser neues Modell. Danach ging’s zur Pizzeria – endlich traf das Abendessen den Geschmack aller.
Wir blieben zwei Nächte. Ich hätte gerne mehr erlebt, mehr gesehen, mehr gefahren. Aber meine Familie wollte einfach nur sein – am Wasser, in der Sonne, ohne Kilometerzähler. Und ich? Ich ließ sie. Dieses Mal.
Fazit – Was bleibt?
Diese Tour war kein Urlaub aus dem Katalog. Sie war echt. Sie war manchmal anstrengend, oft improvisiert, aber voller Erfahrungen, die bleiben.
Was ich gelernt habe:
- Planung ist gut – aber Flexibilität ist besser
- Man braucht weniger Gepäck, als man denkt
- Kinder brauchen Pausen, Eis – und eigene Räume
- Nicht jedes Zelt ist eine gute Idee – aber jedes Problem ist eine Chance zu lernen
- Und: Regen ist nur Wasser. Aber schlechte Laune ist ansteckend.
Wir werden wieder fahren. Irgendwann. Und vielleicht lachen wir dann gemeinsam über das HB-Männchen, das mit einem Zelt kämpfte.
Immer wieder schockierend das Trump es wieder ins Weiße Haus geschafft hat. Heute bin ich schon froh wenn ihm nicht…