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Critical Mass in Berlin: Polizeikontrolle und falsche Behauptungen

Critical Mass in Berlin: Polizeikontrolle und falsche Behauptungen

Heute war ich wie viele andere bei der Critical Mass in Berlin dabei. Treffpunkt, gemeinsames Losfahren, das Übliche. Gegen 16:08 Uhr stoppte uns die Polizei an der Bülowstraße/Potsdamer Straße. Weiter ging es erst um 16:57 Uhr. Und wieder mal war ich der Depp, von dem der Ausweis verlangt wurde. Irgendwie muss auf meiner Stirn ein kleiner Hinweis versteckt sein?!

Zur Klärung zwischendurch habe ich eine kurze Audiowiedergabe erstellt, in der die wichtigsten Regeln der Critical Mass zusammengefasst sind:

Polizeiaufgebot

Verwundert waren wir schon: Die Polizei fuhr mit drei bis vier Mannschaftswagen und mehreren kleineren Fahrzeugen auf. Unterm Strich standen fast mehr Polizisten auf der Straße als Radfahrende in der Gruppe. Ein unverhältnismäßiges Bild – zumal die Critical Mass weder eine Gefahr darstellte noch eine Anmeldung erfordert hätte.

Ablauf und Einschüchterung

Mein Ausweis wurde verlangt, meine Personalien aufgenommen. Auf die Frage nach einem Verantwortlichen erklärte ich, dass es bei der Critical Mass keinen gibt – es handelt sich um ein loses Zusammentreffen. „Es muss doch irgendwo veröffentlicht sein“, war die Nachfrage der Beamten. Meine Antwort: Überall. Für Radfahrer:innen, die schon länger dabei sind, ist die Critical Mass so selbstverständlich wie die Wochentage – Sonntag ist eben der letzte Tag der Woche.

Später wollten die Beamt:innen noch wissen, seit wann die Critical Mass existiert. Meine Antwort damals: ungefähr seit 2005 – tatsächlich liegt der Ursprung in Berlin aber bereits im Jahr 1997. Ich selbst fahre seit 2015 mit (2018 – die Erinnerung kann täuschen).

Nach rund 30 Minuten kam plötzlich der Hinweis, es gebe einen „Zeugen“. Damit stand plötzlich eine Ordnungswidrigkeit im Raum. Welcher Vorwurf, blieb jedoch offen. Nur die Frage, ob ich mich äußern wolle. Da ich nicht wusste, wozu genau, habe ich es gelassen.

Nach etwa 40 Minuten bekam ich meinen Ausweis zurück. Wir mussten dann noch warten, bis ein Begleitfahrzeug bereitstand. Auf die Frage nach der Route wählte ich den direkten Weg über die Potsdamer Straße zurück zum Brandenburger Tor. Dort folgte schließlich die Drohung: Wenn wir „noch einmal einen Einsatz provozieren“, solle ich die Kosten des Einsatzes tragen.

Mein eigentliches Problem: Ich sollte erneut zum Verantwortlichen erklärt werden. Mit dieser Masse an Polizeikräften ist das reine Einschüchterung. In so einer Lage musst du extrem aufpassen, was du sagst. Sonst steht die Aussage von 15 Polizisten gegen dich – und du hast die Arschkarte. Zumal drei Beamte gleichzeitig mit meinem Ausweis beschäftigt waren – eine perfekte „Stille-Post“-Situation. Du weißt nie, was die Polizei in ihrer Ahnungslosigkeit daraus konstruiert. Einige meiner Mitfahrer:innen schätzten, dass wir es in der Spitze mit bis zu 24 Polizisten zu tun hatten.

Wir hätten auch darauf bestehen können, ohne Eskorte weiterzufahren – wie es in Potsdam bereits der Fall war. Ich wollte jedoch die Prozedur abkürzen und habe deshalb in die Runde gefragt, ob wir über die Potsdamer Straße zurück zum Brandenburger Tor fahren wollen. Im Nachhinein denke ich: Für denjenigen, der kontrolliert wird, wäre es besser, wenn der Rest einfach weiterfährt und ihn dort stehen lässt. Damit wäre automatisch klargestellt, was die Critical Mass ist – keine organisierte Veranstaltung mit einem Verantwortlichen, sondern eine lose Fahrt von Einzelnen.

Störend fand ich, dass einige Mitfahrer:innen währenddessen sehr laut protestierten und sagten, wir würden zu Unrecht festgehalten. Das mag zwar stimmen, aber der Tonfall war aus meiner Sicht zu hart. Dadurch wirkte der Verband weniger souverän, als ich es mir in so einer Situation gewünscht hätte.

Falsche Behauptungen

Die Polizei behauptete, eine Verbandsfahrt müsse angemeldet werden. Das ist falsch.

  • § 27 StVO: Ab 15 Radfahrenden gilt die Gruppe als Verband – Sonderrechte beim Fahren, keine Anmeldepflicht.
  • § 29 StVO i. V. m. VwV-StVO: Genehmigungspflicht nur bei mehr als 100 Teilnehmenden oder wenn erhebliche Verkehrsbeeinträchtigungen zu erwarten sind.
    Quelle: VwV-StVO zu § 29

Damit ist klar: Eine Critical Mass mit weniger als 100 Teilnehmenden ist nicht genehmigungspflichtig.

Rechte im OWi-Verfahren

  • Personalien müssen angegeben werden – mehr nicht.
  • Es gilt das Recht zu schweigen (§ 55 OWiG).
  • Ein Vorwurf muss konkret benannt werden, sonst ist keine Anhörung wirksam.
  • Kosten können nur auferlegt werden, wenn eine nachweisbare Pflichtverletzung vorliegt (Polizeikostengesetz Berlin). Drohungen ohne Grundlage sind reine Einschüchterung.

Randnotiz

Die einzige wirkliche Behinderung des Verkehrs ging an diesem Tag nicht von den Radfahrenden aus, sondern von der Polizei, die fast eine Stunde lang die Straße blockierte bzw. den Verkehrsfluss einschränkte.

Fazit

Die Kontrolle hat gezeigt: Bei der Polizei herrscht Unsicherheit über die Rechtslage.

  • Ab 15 Radfahrenden gilt die Verbandsfahrt. Das heißt: 16+ Personen dürfen einen Verband bilden. Eine Anmeldung ist dafür nicht nötig.
  • Anmeldepflicht greift erst bei mehr als 100 Teilnehmenden oder bei außergewöhnlicher Verkehrsbeeinträchtigung. In einer Stadt wie Berlin, wo sich die Autos ohnehin permanent gegenseitig im Weg stehen, ist dieses Argument kaum anwendbar.

Alles andere sind falsche Behauptungen. Es bleibt traurig, dass die Berliner Polizei offenbar nicht ausreichend geschult ist – wenn selbst ich als „popliger Radfahrer“ mehr über Anmeldungen und Verbandsfahrten weiß. Wie so oft gibt es auch bei der Polizei ein paar Halbstarke, die einem die wildesten Geschichten auftischen, nur um ihre eigene Unsicherheit zu überspielen.

Daniel Jörg Schuppelius

Selbstständiger IT-Dienstleister und Assistent für Elektronik und Datentechnik, Ich bin sozusagen Mädchen für alles was die Informationstechnik angeht. Kümmere mich gerne um Probleme, an denen andere Dienstleister scheitern und bin ständig auf der Suche nach einer neuen Herausforderung. Entwickle gerne Programme und Skripte und kümmere mich um diverse Blogs und Seiten. Auch sonst probiere ich mich an neuen Techniken aus, um mich noch unabhängiger von anderen Personen zu machen. Wenn du willst, dass irgendetwas funktioniert, dann kümmere dich immer selbst darum.

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