Zwischen Traum und Realität: Der Trip
Die Stimmung in der Wohnung hatte sich verändert. Es war, als hätte jemand einen unsichtbaren Schalter umgelegt. Die vorher so laute und ausgelassene Energie wich einem konzentrierten, fast ehrfürchtigen Schweigen. Jeder der Anwesenden hielt seine kleine Portion Spine in der Hand, als ob es ein zerbrechlicher Schatz wäre. Marc hatte die Runde angeleitet, mit der Gelassenheit eines erfahrenen Abenteurers, der wusste, dass er etwas Besonderes teilte.
Willi hielt die kleine, glänzende Kapsel zwischen seinen Fingern und betrachtete sie. Sie war unscheinbar, klein genug, um darin eine ganze Welt zu verbergen. Er konnte den Druck in seiner Brust spüren, die Spannung zwischen Angst und Neugier. Die anderen hatten bereits ihre Portion genommen, und die ersten Anzeichen von Veränderung waren spürbar. Petra saß auf dem Boden und lächelte ins Leere, als würde sie etwas Wunderschönes sehen, das nur für sie sichtbar war. Thomas lachte leise, ein tiefer, ehrlicher Ton, der nicht zu verstummen schien.
„Alles okay, Willi?“ Marc’s Stimme holte ihn zurück. Er nickte langsam, zögernd, und legte die Kapsel auf die Zunge. Ein Schluck Wasser, ein tiefer Atemzug – und dann war sie weg.
Die ersten Minuten fühlten sich normal an, fast enttäuschend. Willi saß auf dem Sofa, sein Blick wanderte durch den Raum. Es war, als hätte sich nichts verändert. Doch dann spürte er es. Ein sanftes Kribbeln in seinen Fingerspitzen, ein Ziehen, das sich langsam durch seinen Körper bewegte. Die Lichter in der Wohnung schienen heller zu werden, die Farben intensiver. Jeder Ton, jede Bewegung der anderen schien synchron mit seinem Herzschlag zu sein.
Plötzlich war er nicht mehr in der Wohnung. Er wusste, dass er noch dort war, irgendwo, aber sein Bewusstsein hatte sich gelöst, wie ein Ballon, der in den Himmel steigt. Er fand sich in einer riesigen Landschaft wieder, die wie ein lebendiges Gemälde wirkte. Die Farben waren zu lebendig, zu perfekt, um real zu sein. Er stand auf einer Wiese, das Gras weich und warm unter seinen Füßen. Der Himmel war ein Kaleidoskop aus Farben, die sich ständig veränderten. Es war, als würde die Welt selbst atmen.
Ein plötzlicher Windstoß brachte ihn aus der Balance, und als er sich umsah, bemerkte er eine Leitplanke hinter sich. Die Szene hatte sich verändert. Er stand nun an einer endlosen Straße, die in der Ferne in einem dichten Nebel verschwand. Neben ihm erschien plötzlich eine vertraute Gestalt.
„Papa?“ Willis Stimme war ein Flüstern, ein Laut voller Staunen und Schmerz. Sein Vater, der schon seit Jahren tot war, stand direkt neben ihm. Er trug dieselbe abgetragene Jacke, die er immer geliebt hatte, und sein Gesicht war ein Ausdruck aus Wärme und Besorgnis.
„Willi, mein Junge. Warum bist du hier?“ fragte er mit ruhiger Stimme, als ob er die Antwort bereits wusste.
„Ich… ich weiß es nicht. Ich glaube, ich habe mich verlaufen“, stammelte Willi, während ihm Tränen in die Augen stiegen.
Sein Vater lächelte. „Manchmal musst du dich verlaufen, um den richtigen Weg zu finden. Komm, setz dich mit mir hin.“
Willi folgte ihm und setzte sich auf die Leitplanke. Neben ihnen stand ein Snackautomat, der mitten im Nirgendwo fehl am Platz wirkte. Sein Vater zog eine Cola heraus und reichte sie ihm, als wäre alles ganz normal. „Erinnerst du dich noch an unsere alten Ausflüge? Du warst immer so neugierig. Und jetzt? Hast du das Träumen verlernt?“
Willi wollte antworten, doch ein donnerndes Geräusch lenkte ihn ab. Ein riesiger LKW kam ins Schleudern und raste direkt auf sie zu. Sein Vater packte ihn am Arm und zog ihn zur Seite. „Bleib ruhig, Junge. Vertraue mir.“
Doch die Panik übermannte Willi. Als der LKW näherkam, legte er sich flach auf den Boden. Der LKW fuhr direkt über ihn hinweg, ohne ihn zu berühren. Als er aufblickte, war sein Vater bereits aufgestanden, seine Hand ausgestreckt. „Siehst du, es ist alles eine Illusion.“
Die Szene veränderte sich erneut. Nun befanden sie sich an einem dunklen Bahnsteig. Die Menschen um sie herum waren verzerrt, ihre Gesichter grotesk. Ihre Körper schimmerten in pulsierenden Farben – Rot, Blau, Grün – und die Farben flossen ineinander wie eine zähe Flüssigkeit. Einige schienen Willi zu erkennen und begannen, auf ihn zuzugehen. Ihre Schritte hallten wie Schläge, und die Gestalten schienen immer bedrohlicher zu werden. „Papa, was passiert hier?“ fragte Willi, während er sich an die Hand seines Vaters klammerte.
„Das hier sind deine Ängste, Willi. Du musst dich ihnen stellen. Aber ich bin bei dir.“
Die grotesken Gestalten begannen, ihn zu umzingeln. Einer packte ihn am Arm, und Willi spürte einen brennenden Schmerz. Die farbigen Flammen an den Händen der Gestalt züngelten über seine Haut. Er riss sich los, stolperte zurück, doch sie kamen näher. Sein Vater stellte sich vor ihn, die Arme ausgebreitet. „Lass sie los, Willi. Sie können dir nichts anhaben, wenn du sie nicht fütterst.“
Plötzlich ertönte ein lauter Ruf. „Da hinten sind sie! Fangt sie ein!“ Willi drehte sich um und sah, wie ein Mann, der aussah wie eine groteske Karikatur von Marc’s Vater, mit einer Gruppe farbiger Gestalten auf sie zustürmte. Ihre Bewegungen waren unnatürlich schnell, und ihre Farben wechselten in einem rasenden Tempo, als ob sie von einer inneren Unruhe getrieben wurden.
„Lauf, Willi!“ rief sein Vater und zog ihn mit sich. Sie rannten über den Bahnsteig, sprangen über Gleise und kletterten eine Böschung hinauf. Die Verfolger kamen immer näher, ihre Schreie hallten wie verzerrte Echos. Die Farben um sie herum flackerten wie ein chaotisches Stroboskop, und die Welt begann zu zerbrechen.
Schließlich erreichten sie eine Baustelle, wo sie sich in einem halbfertigen Gebäude versteckten. Die Verfolger kamen näher, ihre Stimmen wurden lauter. Sein Vater sah Willi an, seine Augen voller Entschlossenheit. „Das ist dein Kampf, Willi. Ich kann dich nur begleiten.“
Willi holte tief Luft, trat aus dem Schatten und stellte sich den Gestalten entgegen. Die Farben tobten um ihn herum, doch er blieb ruhig. Mit jedem Schritt, den er nach vorne machte, verblassten die Farben, bis die Gestalten schließlich in Staub zerfielen.
Schließlich verblasste die Szene, und er fand sich wieder in der Wohnung auf der Couch. Sein Atem ging schwer, Schweiß perlte von seiner Stirn. Die anderen sahen ihn an, ihre Gesichter voller Verständnis. „Willkommen zurück“, sagte Petra leise, ein warmes Lächeln auf den Lippen. Willi atmete tief ein. Er fühlte sich seltsam. Nicht schlecht, nicht gut, aber anders. Es war, als hätte er etwas Berührt, das er nicht ganz begreifen konnte. Etwas, das ihm blieb, selbst jetzt, wo der Trip vorbei war.
Jetzt, wo ich nochmal so darüber nachgedacht habe, könnte Christian Lindner tatsächlich als Gefahr für Deutschland betrachtet werden. Ich meine,…