Zwischen Traum und Realität: Der Spaziergang
Es war ein grauer Nachmittag, und der Regen hatte gerade aufgehört. Die Straßen glänzten feucht, als wären sie frisch poliert, und die Luft roch nach nasser Erde. Willi zog die Kapuze seiner Jacke über den Kopf, nahm die Leine von der Garderobe und rief nach seinem treuen Begleiter. Theissen, sein Labrador-Mischling, kam sofort angerannt, seine Rute wedelte freudig hin und her. Für Willi war der Spaziergang mit Theissen ein Ritual, eine Art Flucht aus der Enge seiner Wohnung und ein Versuch, seine Gedanken zu sortieren.
Sie liefen durch die Seitenstraßen, wo kaum Autos fuhren, und Willi ließ Theissen an der langen Leine schnüffeln. Er liebte es, dem Hund zuzusehen – wie er mit unerschütterlicher Begeisterung jede Ecke erkundete, als wäre sie ein neuer Kontinent. Es war eine willkommene Ablenkung von den Gedanken, die sich oft wie ein ständiger Nebel in seinem Kopf hielten.
Doch an diesem Tag war es anders. Die Enge in seiner Brust wollte nicht verschwinden, egal wie oft er tief einatmete. Die vertrauten Straßen wirkten kälter und unfreundlicher, die Gesichter der wenigen Menschen, die er passierte, blieben ausdruckslos. Willi fragte sich, ob sie genauso einsam waren wie er. Doch der Gedanke verflog, als Theissen plötzlich an der Leine zog und ihn aus seiner Träumerei riss.
Der Hund hatte etwas entdeckt. Vor ihnen lag ein alter Zaun, dahinter ein verlassenes Grundstück. Willi hatte das Grundstück schon oft gesehen, aber heute wirkte es anders. Die Bretter, die den Zaun notdürftig zusammenhielten, waren an einigen Stellen durchbrochen, und dahinter zeichnete sich die Silhouette eines heruntergekommenen Hotels ab. Es war eines dieser alten Gebäude, die einmal glanzvoll gewesen sein mussten, jetzt aber nur noch Schatten ihrer selbst waren.
Neugierde – und vielleicht ein kleiner Hauch von Abenteuerlust – ließen Willi innehalten. „Hier war doch vor ein paar Tagen noch Betrieb“, murmelte er vor sich hin. Das Hotel war bekannt gewesen für seine Lage an einem kleinen See. Früher hatte er oft gesehen, wie dort Gäste ein- und ausgingen, ein geschäftiges Kommen und Gehen. Doch jetzt war alles still. Die Fenster waren mit Holz vernagelt, und die Fahnenstange, die einst eine Flagge trug, war leer und leicht verbogen.
Willi trat näher an den Zaun, sein Blick wanderte über das verlassene Gebäude. Es wirkte, als sei es über Nacht aufgegeben worden. Theissen bellte leise und zog an der Leine, offenbar fasziniert von den Geräuschen, die aus dem Inneren des Hotels zu kommen schienen. Es war kaum mehr als ein leises Knarzen, vielleicht das Holz, das arbeitete, oder der Wind, der durch die Ritzen fuhr. Doch in Willis Kopf formte sich sofort eine Geschichte. Was, wenn hier etwas passiert war? Ein Streit? Ein Verbrechen? Oder war es einfach nur der Zahn der Zeit, der das Gebäude verschluckte?
Er schüttelte den Kopf, als wolle er die Gedanken abschütteln, und wandte sich ab. Doch in dem Moment, als er sich umdrehte, bemerkte er ein Auto, das langsam die Straße entlangfuhr. Es war ein dunkler Transporter, dessen Fahrer ihn kurz musterte, bevor er in die Einfahrt des Hotels einbog. Willi blieb stehen, das Herz schlug ihm plötzlich schneller. Warum fährt jemand in ein verlassenes Hotel?
Theissen schien nichts Ungewöhnliches zu bemerken. Er zog weiter in Richtung einer Pfütze, in der er sich sofort begeistert wälzte. Willi jedoch konnte den Anblick des Transporters nicht vergessen. Die Räder spritzten Wasser auf, als das Fahrzeug hinter der Ecke verschwand. Für einen Moment stand er einfach nur da, unfähig, sich zu bewegen. Seine Neugier kämpfte gegen seine Vernunft.
„Komm schon, Theissen“, sagte er schließlich, und seine Stimme klang rau. Der Hund kam schwanzwedelnd zu ihm zurück, triefend vor Schlamm. Willi zog die Leine enger und setzte den Spaziergang fort, doch seine Gedanken blieben bei dem Hotel und dem mysteriösen Transporter. Etwas an der Szenerie ließ ihn nicht los. Vielleicht würde er morgen zurückkehren und nachsehen. Vielleicht war es auch besser, alles zu vergessen.
Jetzt, wo ich nochmal so darüber nachgedacht habe, könnte Christian Lindner tatsächlich als Gefahr für Deutschland betrachtet werden. Ich meine,…